1. Tag, 3.7.2009

Morgens durch die schmalen Gassen von St. Jean Pied de Port geht es sehr steil bergab. Zu dieser Zeit hat meine Uhr mir einen Streich gespielt. Ich war felsenfest davon überzeugt um 6:00 Uhr gestartet zu sein, war aber wohl 8:00 Uhr. So um 9:10habe ich den Schwiegervater angerufen und gefragt wie spät es ist. Der sagte mir dann die richtige Uhrzeit. Dummerweise fragte mein Handy aus mir unerfindlichen Gründen einige Male, ob die Zeitzone angepasst werden sollte. Das ist im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Spanien nicht mehr nötig.

Unten am Fluss geht es über eine Brücke. Danach verlassen wir die Zivilisation. Am Tag vorher hat man uns über die Schwierigkeit dieser ersten Etappe aufgeklärt. 27 km nach Roncevaux (spanisch: Roncevalles) ohne die Möglichkeit, sich mit irgentwelchen Sachen zu versorgen. Einzig eine Herberge mit Gaststätte schon nach 8 km in Orisson. Dort haben wir zum ersten Mal mit Peter aus Österreich zusammen gehockt und einen Kaffee und Wasser getrunken. Das Wasser war sehr trübe, man musste es stehen lassen bis es klar war. War wohl gechlort.
Die ersten 10 km sind das schlimmste, was ich jemals an Anstrengung erlebt habe. Von 200 m auf 1000 m. Die Luft wird dünner, später sind wir auf 1400 m Passhöhe und freuen uns auf den Abstieg.

Rein rechnerisch habe wir ca. 200 ml Wasser pro Kopf/Kilometer gebraucht. und das obwohl es eher kühl war. Manchmal mussten wir alle 100 - 150 Meter eine Pause einlegen um meinen Puls runter zu kriegen. Die steilsten Stellen gehen glücklicher Weise über Asphalt. Das sollte sich aber noch ändern.

Bei Sichweiten von 10 - 50 Meter stehen wir plötzlich vor der Herberge in Orisson. Wie aus dem Nichts taucht sie auf. Erst später erfahren wir dass es durchaus besser ist bei kühler Witterung den Pass zu nehmen als bei Hitze. Also sozusagen: "Scheiß auf die Aussicht, aber keinen Sonnenbrand, keinen Sonnenstich und vor allem bessere Ausdauer".

Hier wäre dann der wunderschöne Ausblick über die Pyrenäen gewesen. Auf dieser Etappe geht man sehr oft alleine. Manchmal überholt man Pilger die Pause machen, manchmal wird man von Pilgern währen einer Pause überholt. So erging es uns einige Male mit einer Gruppe bestehend aus dem Peter aus Österreich, Steffi aus Heidelberg, eine aus Philladelphia und eine aus Chicago. Womit der Peter nicht gerechnet hat, ist der Umstand, die drei Mädels waren gut trainiert, und der Peter hatte echte Schwierigkeiten, denen zu folgen. Aber der Peter war voll motiviert, die Mädels waren hübsch anzuschauen!
Langhaarige Schafe! Sollen mal zum Frisör, laufen rum wie Hippies.

Wir verlassen die befestigte Straße und gehen über plattgetretene Wege weiter. Wir müssen immer öfter pausieren, essen Brot, trinken Wasser, schneiden uns ein paar Scheiben Wurst ab, latschen einen oder zwei Kilometer und machen dann wieder Rast. Von außen sind wir klatschnass von Nebel und vom Regen, und unsere Haut ist pitschnass geschwitzt. Bei mir tropft der Schweiß vom Kinn, von der Nase und von der Hutkrempe.

Jetzt sind wir voll Motiviert, es geht bergab!!! Sogar dieser scheiß Nebel verzieht sich. Mittlerweile sind wir 6 Stunden unterwegs.

765 km bis nach Santiago, nicht gerade Erfreulich.

Die berühmte Rolandsquelle, eine Möglichkeit, die Wasservorräte aufzufüllen. Wasser schmeckt gut. (Jedes Wasser schmeckt gut wenn man Durst hat)

Die Motivation ist futsch, es geht wieder bergauf!!!

Endlich bergab! Aber die Freude wärt nicht lange, es geht nämlich so brutal bergab dass die Knie weich wie Pudding werden und im Endeffekt nicht mehr das machen wollen was sie in meinen Augen sollten. Die Knie fangen an zu schlackern, schwellen an und bekommen ganz seltsame Zuckungen, vor allem wenn man steht. Eine Frau steht weinend im Wald, schafft den Weg wohl nicht und wird später mit dem Geländewagen der Feuerwehr aus dem Wald geholt.

Unsere erste Übernachtung auf dem Camino. Die Klosterherberge in Roncevalles. 10:00 Uhr wird abgeschlossen und das Licht ausgemacht. Berührungsängste darf man hier nicht haben. Etagenbetten werden zu Doppelbetten zusammen geschoben, da weiss man manchmal nicht neben wem man aufwacht. Vorher noch Pilgermenü futtern, ist ganz in Ordnung. Peter aus Stuttgart bekommt von mir einen Lehrgang in Sachen Forelle essen. Professor Moon aus Korea, den haben wir schon in Bayonne am Bahnhof getroffen, ist auch da. Er begrüßt uns mit einem freudigen "I have survived". Alle Achtung vor diesem Mann, ca. 1,55 m groß, sehr krummer Gang, aber der powert sich nur so durch die Landschaft. Den sollen wir noch öfter treffen.

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