19.Tag

Heute eine Horroretappe. 7 km bergauf, dann über 20 km bergab. Mittlerweile bin ich stolzer Besitzer von gebrauchten Sandalen. In einer Gaststätte habe ich nach einem Schuhgeschäft gefragt, da ging die Wirtin nach hinten und kam mit Sandalen wieder. "Die hat ein Pilger vergessen". Eine kleine Spende für den Tierschutzbund, und der Deal war perfekt.

Wir nähern uns Galicien. Ab hier ist die Landschaft nun endgültig grün. In den Bergen ist es durchaus kühl. Die Tour vom Vortag steckte und da noch in den Knochen, es wurde immer anstrengender. Ich laufe Barfuß in den Sandalen, und komme, was die Füße betrifft, gut voran.

In dieser Ortschaft waren die Immobilienpreise auch vor der Weltwirtschaftskrise schon im Keller.
Das berühmte eiserne Kreuz. Eines der wichtigsten Zwischenstationen auf dem Camino. Man soll einen Stein von Zu hause mitbringen und den dann am Fuße des Kreuzes hinlegen. Als ob ich nicht schon genug zu schleppen hätte.

Diese Landschaft empfängt uns hinter den Bergen. Noch mehr Berge, wie im Sauerland.

Meine über alles geliebte Ehefrau "Eva" findet dieses Foto nicht witzig. Warum eigentlich?

Ist das Erika oder Heidekraut oder was ist das? Sieht schön aus!

Boh, da müssen wir runter. Und nicht über wunderbare plattgetretene Wege, sondern über Wurzeln, faust- bis handballgroße Schottersteine, Felsen, Wasserpfützen.....
Manchmal mussten wir sogar von Felsen zu Felsen hüpfen. Hier sind mit beide Knie angeschwollen.

Auf halbem Weg: ein Dorf mit Bar!

Also hier habe ich ohne Ende Eistee gesoffen.

Unter in der Stadt angekommen, kümmerten wir uns erst garnicht um eine Pilgerherberge. Wir waren so fertig, eine unruhige Nacht in einer stinkenden, verschwitzten Unterkunft wäre unser Untergang gewesen. Irgendwo rechts in dieser Straße war ein Zimmerhinweis. Wir also rein in die Einfahrt und ein wunderschöner Garten erwartete uns. Eine Frau, besser gesagt, eine äußerst feine Dame, so um die 60, brachte Peter ins Hotel auf seinem Zimmer um die Ecke. Mehrmals sagte sie uns wild gestikulierend, wir sollen warten und nicht weglaufen, für uns hätte sie auch noch ein Zimmer, aber hier im Hause. Nach einigen Minuten kam sie freundlich lächelnd wieder, und brachte uns auf einem Zimmer wie ich es in meinem Leben noch nie gesehen hatte. Und ich bin schließlich schon 50! Wir hatten so ca. 200 Quadratmeter zur eigenen Verfügung. Gero war total platt und sprachlos. Die Betten waren himmlisch. Ich hatte das Gefühl in einem Museum zu übernachten. Zu viel fotografieren wäre peinlich gewesen. Ich schlich mich über knarrenden Böden durch lange Gänge mit unzähligen Gemälden, Anrichten mit filigranen Figuren aus Porzellan und Holz, antiken Möbeln, silbernen Kerzenleuchtern, Vitrinen mit alten Büchern, immer wieder Familienfotos mit Kindern, meist noch schwarz/weiß. Viele wirklich schöne Stühle säumten sämtliche Gänge im ganzen Haus. Hier steckte viel Geld und noch mehr Geschmack hinter. Dieses Haus gehört der Familie Rojo, und ich hatte es mit Señora Rojo persönlich zu tun. Ich achtete sehr da drauf, nicht zu sehr in die privaten Gemächer der Señora zu gelangen. Die Wände zum Innenhof waren entweder Verglast oder weiß getüncht. Durch die Verglasung drang nicht nur Sonnenlicht, sondern auch die Blicke von Frau Rojo. Plötzlich kam sie mir entgegen. Aber nicht unfreundlich, sondern eher erfreut, dass ich mich für ihr Hab und Gut interessierte. Sie bat mich ihr zu folgen. Mit einem schweren, alten Schlüssel sperrte sie eine doppelflüglige Türe auf. Mir verschlug der Atem. Nach 4-5 Schritten befand ich mich in einer, nennen wir es mal Familienkapelle. Die war so schön und geschmackvoll eingerichtet wie ich es noch nie in meinem Leben gesehen habe. Dabei bin ich sch....Das hatte wir schon. Ich machte mir ein paar handschriftliche Notizen über das Dorf die Familie Rojo u.s.w. . Zu hause habe ich ich dann gegoogelt, und siehe da, Señor Rojo hat mehrere Jobs. Er war Kriegsberichterstatter im Irak, er ist Journalist, Schriftstellen und doziert an Unis. Hut ab. Zum Essen gingen wir etwas weiter und nach dem Essen wurde ich noch zu einem Glas Rotwein von Frau Rojo eingeladen. Peter war noch im Supermarkt und hat Wasser gekauft. Er brachte uns zwei Flaschen vorbei und staunte nicht schlecht als er unser Zimmer sah. Am anderen Morgen erzählte Peter von Zimmernachbarn die er kennen gelernt hatte. Diese waren Spanier und wussten von der fantastischen Einrichtung des Rojohauses. Es waren Stammgäste. Sie baten mehrmals darum, sich das Haus von innen anschauen zu dürfen. Dieser Wunsch wird aber allen Leuten verwehrt. Warum gerade ich mit Gero dort schlafen durfte, keinen blassen Schimmer. Vielleicht weil wir Vater und Sohn waren? Viele Pilger und Einheimische rechneten mir sehr hoch an, dass ich den Camino mit meinem Sohn gehe.

Unsere bescheidene Unterkunft. Reumütige Pilgerei sieht allerdings anders aus. Aber für 40 Euro incl. Frühstück wollte ich das Zimmer nicht ablehnen.

Ohne Worte!!!

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